Corporate Communications bei Siemens: Gemeinsame Verantwortung und Vertrauen

Clarissa Haller, Head of Corporate Communications bei Siemens, berichtet im Gespräch mit Christiane Schulz über den Kulturwandel von Corporate Communications bei Siemens in den letzten Jahren – und warum Loslassen so entscheidend ist.

Die Unternehmenskommunikation bei Siemens hat sich in den letzten Jahren auf eine Reise begeben, um auch weiterhin zukunftsfähig zu sein. Doch wie geht so ein Wandlungsprozess in einem derart großen und international operierenden Unternehmen vonstatten? Im Podcast mit der GPRA gibt Clarissa Haller Einblicke über den Wandel der Unternehmenskommunikation.

Digitale Plattformen und mehr Transparenz

Jedes Unternehmen bringt eine ganz eigene Firmenkultur mit sich. Als Clarissa Haller vor drei Jahren zu Siemens wechselte, war sie neugierig auf die Kultur von Siemens. Es ist wichtig, sich freizumachen von bisherigen Gewohnheiten und sich auf das neue Umfeld einzulassen – und gleichzeitig zu schauen, wo Potenziale liegen. Mit dem Aufbau von digitalen Plattformen etabliert sie einen komplett neuen Bereich für ihr Team. Von User Experience über Analytics hin zu Echtzeit-Datenverarbeitung – das Kommunikationsteam ist heute nicht mehr auf die Verfügbarkeit der hauseigenen IT angewiesen, sondern durch ihre eigenen Dashboards handlungsfähig. Jeder kann schauen wie sich Themen entwickeln und Diskussionen verlaufen. Weg von auferlegten Handlungsgrenzen hin zu mehr Transparenz: Auch beim Thema Content Planung kann sich jeder einbringen. Tools wie Trello sind für jedermann im Team verfügbar und erlauben ein anderes zusammenarbeiten. Auch gab es Teams, die ausschließlich für Freigabeprozesse verantwortlich waren. Heute müssen Meldungen, die nicht börsenrelevant sind, nicht mehr abgestimmt werden.

„Die Polizei aus München“

Doch wie bekommt man solche Prozessveränderungen umgesetzt? Um diesen Schritt zu verdeutlichen, berichtet Clarissa Haller von der „Polizei aus München“, wie sie die interne Abteilung nennt, die durch die Welt gereist und den lokalen Teams über den Schultern geschaut hat. Denn die Vorgaben aus dem HQ in München waren stets bindend. Eine fatale Botschaft, die mit solch einem Kontrollorgan suggeriert wird, findet Clarissa Haller. „Ich muss schauen, dass ich gute Leute habe, dass ich ihnen den Rücken stärke, dass ich ihnen das Gefühl gebe, dass ich ihnen vertraue, dass sie es richtig machen werden und dann muss man loslassen.“ Für das HQ war das Loslassen anfangs problematisch. Das Denken aufzugeben, dass München der Nabel der Welt ist, war durchaus schwierig und hat etwas Zeit gedauert. Doch mittlerweile möchte keiner mehr zurück.

Die Botschaft: „Jeder hat Verantwortung“

Ist es ein neuer Trend, Verantwortung verstärkt zurückzudelegieren? Und wie bekommt man dabei die verschiedenen Kompetenzen unter einen Hut? Clarissa Haller resümiert: „Wir hatten unglaublich viele Kompetenzen von außen dazu gekauft.“ Allein im HQ haben 157 Agenturen die Kommunikation für Siemens unterstützt. Eindeutig zu viel – es ist nicht hilfreich, Aufgaben stets von anderen erledigen zu lassen. Auch hat ein Schlüsselerlebnis dafür gesorgt, die Prozesse inhouse anzupassen. Als Donald Trump Siemens in einem Interview erwähnte, hat es bei Siemens zwei Wochen gedauert, alle Inhalte und Freigaben intern zusammenzubekommen. Der Schlüssel: Dinge selber in die Hand nehmen. Die Kommunikationsabteilung hat eine Systematik aufgebaut, um auf die Anforderungen, die in Echtzeit hochkommen, zeitnah reagieren zu können. Denn zweifelsohne hat die Digitalisierung die Kommunikation eindeutig verändert. Vor 30 Jahren waren noch ganz andere Kompetenzen gefragt als heute. Heutzutage werden Inhalte zu jeder Zeit produziert und verbreitet. Wohingegen früher Journalisten zu der wichtigsten Zielgruppe zählten, haben die Sozialen Medien eine neue Form von Kommunikation geprägt. „Journalisten sind immer noch sehr wichtig, da sie einen Kontext herstellen und Dinge einordnen, aber sie sind mehr die einzige Zielgruppe.“, ordnet Clarissa Haller ein.

Agilität statt Hierarchie

Um die verschiedenen Kompetenzen abzubilden, wird bei Siemens mittlerweile in Squads gearbeitet. Die Teams, organisieren sich selber nach Schwerpunkten und Themen, Projektleitungen liegen nicht mehr automatisch beim Abteilungsleiter, sondern bei demjenigen, der am besten zur erfolgreichen Umsetzung beitragen kann. Weniger Hierarchie, dafür mehr Agilität innerhalb der Organisation. Bei den zahlreichen Kompetenzen, die heute gefragt sind – Analytics, Content Marketing, Influencer Engagement, Content Curation etc. – kann man nicht mehr alles können und wissen. „Ich muss loslassen und vertrauen, dass ich gute Leute habe, die diese Kompetenzen mitbringen“, betont Clarissa Haller. Die Umstrukturierung in Squads ist durch einen externen Trainer erfolgt. Mithilfe von sogenannten Waste Exercises wurde gemeinsam überlegt, welche Dinge überflüssig oder ineffizient sind und auf welche man sich konzentrieren möchte. Einfacher gesagt als getan – ein spannender Optimierungsprozess!

Die Reise auf einen Blick

Wichtig für solch eine Reise: das Team. Es bedarf ein gemeinsames Verständnis davon, worum es geht, was geplant ist und warum Veränderungen vorgenommen werden. Veränderungen bringen zunächst immer erst einmal Stress mit sich. Daher ist es umso wichtiger, die Menschen mitzunehmen.

Die Kernthemen der Reise auf einen Blick:

  1. Digitalisierung der gesamten Kommunikationsfunktion und die eigene Handlungsfähigkeit
  2. Kollaboration und Fokus auf stärkere Transparenz, Zusammenarbeit und Eigenverantwortung
  3. Wandel und der Blick nach außen und nach Neuerungen
  4. People Development mit zweistufiger Ausrichtung – Mitarbeiter durch den Wandel begleiten und gleichzeitig Eigenverantwortung aufbauen

Feedback, Anmerkungen, Hinweise zum Podcast an info@gpra.de und auf Twitter und Facebook @GPRA sowie über Linkedin und an clarissa.haller@siemens.com.

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