GPRA: "Mitarbeiterbindung ist kein Nebenjob!"

Agenturen müssen die Qualitätsstandards fürs Personalmanagement hochsetzen, sagt die Präsidentin der Gesellschaft Public Relations Agenturen GPRA im Gastbeitrag für W&V.

Wer die Schlagzeilen der letzten Tage verfolgt, der mag sich wundern: Ach, jetzt haben auch wir Fachkräftemangel. Zwei aktuelle Untersuchungen belegen das eindrücklich mit Zahlen. Richtig gefragt und addiert, kommt man da auch auf besorgniserregende Prognosen.

Der Nachwuchs ist da!

Alexandra GroßAlexandra Groß

Nüchtern betrachtet ist es tatsächlich so, dass der Arbeitsmarkt in allen Branchen stärker in Bewegung gekommen ist. Das gilt natürlich auch für uns. Kaum eine Agentur oder ein Unternehmen, das nicht Fachleute an den Markt abgeben musste. Spannend wäre es aber auch mal zu sehen, wie viele Stellen im letzten Jahr besetzt wurden. Irgendwo sind die meisten Kommunikationsexperten ja hin gewechselt.

Gleichzeitig war das Angebot an Aus- und Qualifizierungsmöglichkeiten für den Kommunikationsberuf nie größer. Weit über 350 Studienangebote gibt es im Zusammenhang mit Kommunikation und Medien, Nachbardisziplinen – die vielseitig einsetzbare Betriebswirtschaft noch gar nicht eingerechnet. Die Studiengänge sind in der Regel alle gut besucht. Auch der Wechsel zwischen den Branchen, zum Beispiel Journalisten, die auf Agentur- oder Unternehmensseite wechseln, findet regelmäßig statt.

Worum geht es wirklich?

Ich frage mich schon lange, ob der viel zitierte Fachkräftemangel die eigentlichen Fragestellungen in der Kommunikationsbranche übertünchen soll.

Gerade Agenturen kennen die Notwendigkeit der schnellen Stellenbesetzung, wenn ein neues Groß-Mandat gewonnen wurde, in der Agentur gut ausgebildete Kommunikationsfachleute zum Unternehmen wechseln, zum Wettbewerber gehen oder gar was ganz Neues machen.

Der Kreis der Personaler in der GPRA hat diese Herausforderung bei jedem Treffen auf der Agenda – und das seit vielen Jahren. Das Recruiting neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist in jedem Gespräch zwischen Agentur-Personalern präsent. Das liegt in der Natur der Sache: Das People’s Business ist davon geprägt, sich kontinuierlich um neues Personal zu bemühen.

Das Problem liegt viel tiefer.

Vor allem Agenturen sind gefordert, konsequent an ihrer Arbeitgebermarke zu arbeiten, ihr Engagement, mit dem Nachwuchs frühzeitig in Kontakt zu kommen, zu steigern, ihre Personalarbeit zu professionalisieren, und dort in Personal-Fachkräfte zu investieren, die diese Aufgaben lösen.

Es braucht eine bessere Personalarbeit

Dazu zählt nicht nur das Recruiting, sondern auch Entwicklungspläne für Mitarbeitende zu bauen, Perspektiven aufzuzeigen, wie man in Agenturen auch Fachkarrieren machen kann und über Potenzialanalysen künftige Management-Nachfolger zu finden und aufzubauen.

Wenn Agenturen mit eigenen Experten neue Wege finden, ihre Mitarbeitenden zu binden, ist die Recruiting-Aufgabe dann auch nicht mehr ganz so groß. Hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. Wer in Fachkräfte für Personalarbeit investiert und für die vielfältigen Aufgaben jeweils auf Experten setzt – ein Recruiter ist etwas anderes als ein Personalentwickler –, hat einen entscheidenden Schritt getan.

Geschäftsführer oder Kommunikationsexperten mit Interesse an Personalarbeit können dies nur im Nebenjob erledigen. Das wird der Mammutaufgabe in keinem Fall gerecht. Denn diese Arbeit braucht Know-how, Netzwerk und Zeit.

Anstatt über den Dauerbrenner Fachkräftemangel zu klagen, sollten wir den Professionalisierungsgrad der Personalbereiche von Agenturen regelmäßig bewerten. Mit der Einführung des Consultancy Management Qualitätsstandards für Kommunikationsagenturen haben wir einen ersten Schritt in ein Benchmarking getan. Die Zertifizierung betrachtet ausführlich das Personalmanagement in Agenturen und zwingt uns, hier kontinuierlich besser zu werden.


Erschienen am 13.01.2022 als Gastbeitrag in der W&V+.

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